Ein Online-Shop sollte für alle Menschen zugänglich sein – unabhängig von eventuellen Behinderungen oder Einschränkungen. Spätestens mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) im Juni 2025 wird Barrierefreiheit im E-Commerce für viele Unternehmen vom nice-to-have zur Pflicht.
In diesem Beitrag beleuchten wir, warum Shopware in unseren eine hervorragende Basis für barrierefreie Onlineshps bietet. Wir erklären die rechtlichen Hintergründe, zeigen die besonderen Vorteile von Shopware in Bezug auf Accessibility und geben Tipps, worauf Sie bei der Umsetzung eines barrierefreien Online-Shops achten sollten.
Dabei wird deutlich werden: Barrierefreiheit fängt beim gewählten Shopsystem an – und mit Shopware sind Sie hier gut aufgestellt, müssen aber dennoch aktiv Maßnahmen ergreifen, um die gesetzlichen Anforderungen vollständig zu erfüllen.
Barrierefreiheit 2025: Gesetzliche Anforderungen an barrierefreie Online-Shops im Überblick
Durch den European Accessibility Act (EAA) und dessen Umsetzung in deutsches Recht (BFSG) sind viele Online-Händler verpflichtet, ihre Onlineshops ab Juni 2025 barrierefrei zu gestalten. Vereinfacht heißt das: Menschen mit Behinderungen oder temporären Einschränkungen sollen Online-Dienste genauso nutzen können wie Menschen ohne Einschränkungen. Für Online-Shops bedeutet das konkret, WCAG 2.1 AA Standards einzuhalten – z.B. in Bereichen wie Kontrast, Tastaturbedienbarkeit, Screenreader-Kompatibilität etc. Zwar gibt es Ausnahmen (z.B. reine B2B-Shops oder Kleinstunternehmen), aber grundsätzlich gilt: Wenn Sie einen Shop für Endverbraucher betreiben, sollten Sie von einer Betroffenheit durch das Gesetz ausgehen. Wer vorsorgt, verhindert nicht nur einen Verstoss und mögliche Bußgelder, sondern erschließt auch neue Kundengruppen – denn barrierefreie Shops sind letztlich für alle Nutzer einfacher zu bedienen.
Barrierefreiheit als Vorteil für deinen Online-Shop: Mehr Umsatz, mehr Reichweite, null Ausschluss
In Deutschland leben rund 7,8 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung (etwa 10 % der Bevölkerung). Studien zeigen, dass diese Gruppe überdurchschnittlich häufig online einkauft (61 % von ihnen kaufen sehr häufig/häufig online, vs. 51 % der Nichtbehinderten). Hinzu kommen Menschen mit temporären Beeinträchtigungen (gebrochenes Handgelenk, Sehschwäche im Alter etc.) und die immer größer werdende Gruppe älterer Nutzer. Ein barrierefreier Shop schließt niemanden aus und kann so mehr Umsatzpotenzial heben. Accessibility ist also nicht nur Pflicht, sondern auch Chance mehr Verbraucher und zahlende Kunden zu erreichen.
Shopware und Barrierefreiheit: Was bringt das System mit?
Shopware als in Deutschland entwickeltes System hat das Thema Barrierefreiheit bereits auf dem Schirm. Die Entwickler von Shopware verfolgen das Ziel „Commerce for everyone“ und haben sich zu WCAG 2.1 AA Konformität verpflichtet.
Die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) sind internationale Richtlinien, die festlegen, wie digitale Inhalte gestaltet sein müssen, damit sie für alle Menschen zugänglich sind – auch für Menschen mit Einschränkungen. Die aktuell gültige Version 2.1 unterscheidet dabei drei Stufen: A, AA und AAA. Die Stufe AA ist in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, der anerkannte Standard für Barrierefreiheit im Web. Sie umfasst Anforderungen wie gute Lesbarkeit, verständliche Navigation, Tastaturbedienbarkeit und Alternativtexte für Bilder. Ziel ist es, Websites so zu gestalten, dass sie von möglichst vielen Menschen ohne Hürden genutzt werden können.
Konkret bedeutet das: Die Standard-Storefront von Shopware 6 (das mitgelieferte Frontend-Theme) ist weitgehend WCAG 2.1 AA konform. Zudem bietet Shopware die Möglichkeit Hürden zu melden und das System so kontinuierlich zu verbessern.
Mehr dazu bei Shopware.de nachlesen.
Shopware 6.7 bringt gezielte Verbesserungen für mehr Barrierefreiheit
Shopware hat angekündigt und bereits umgesetzt, in Version 6.7 spezielle Maßnahmen für Barrierefreiheit einzubauen. Dazu gehörten z.B. Verbesserungen der Tastaturnavigation, konsistente Beschriftungen und Fehleranzeigen, etc. Wenn Sie also Shopware nutzen, sollten Sie sicherstellen, auf einer aktuellen Version (mindestens 6.7.x) zu sein, um diese Verbesserungen mitzunehmen.
Open Source heißt: volle Kontrolle über Barrierefreiheit
Ein riesiger Benefit von Shopware in diesem Kontext: Als Open-Source-Lösung können Sie (bzw. Ihre Entwickler) bei Bedarf eigene Anpassungen vornehmen, um Barrierefreiheitsprobleme zu lösen. Sollte also ein bestimmtes Element nicht 100% barrierefrei sein, haben Sie die Möglichkeit, den Template-Code zu ändern oder eigene Plugins zur Korrektur zu schreiben. Bei proprietären SaaS-Systemen (wie Shopify) sind Sie hingegen (teilweise) darauf angewiesen, dass der Anbieter Änderungen durchführt. Diese Freiheit macht Shopware zu einer zukunftssicheren Wahl, da man auf spezielle Bedürfnisse eingehen kann.
Transparenz, Community, Support: So macht Shopware Barrierefreiheit umsetzbar
Shopware geht das Thema transparent an – es gibt öffentliche Informationen und ein Commitment im Developer Portal. Die Community ist sensibilisiert; es werden Plugins und Best Practices geteilt. Zudem können Sie Shopware-Agenturen (wie uns) beauftragen, gezielte Audits oder Optimierungen vorzunehmen, was bei einer offenen Plattform leichter ist als bei einer Closed-Source-Lösung.
Fazit bis hier: Shopware bietet technologisch eine solide Basis für Barrierefreiheit. Viele Grundvoraussetzungen – responsives Design, sauberes HTML, sinnvoller ARIA-Attribut-Support – sind vorhanden oder in Umsetzung. Dennoch ist kein System out-of-the-box perfekt barrierefrei. Es braucht den „ganzheitlichen Ansatz“, das Shopsystem korrekt zu konfigurieren und Inhalte entsprechend zu pflegen. Hier kommt es also auch auf Sie als Betreiber an.
Praxistipps: So machen Sie Ihren Shopware-Shop barrierefrei
Um Ihren Shop tatsächlich barrierefrei zu gestalten, sollten Sie folgende Best Practices berücksichtigen (die meisten gelten systemunabhängig, aber wir beziehen sie auf Shopware):
Klare Struktur & Navigation: Nutzen Sie in Shopware sinnvoll die Menüführung und halten Sie die Navigationsstruktur konsistent. Verwenden Sie Überschriften (H1, H2, …) in der richtigen Reihenfolge auf allen Seiten (Shopware Erlebniswelten erlauben das). Screenreader-Benutzer navigieren oft von Überschrift zu Überschrift – eine logische Struktur hilft ihnen sehr.
Alt-Texte und Medien: Pflegen Sie Alt-Texte für alle Bilder nicht dekorativen Bilder – gerade Produktbilder sollten beschreibend sein (was ist auf dem Bild zu sehen?). Shopware bietet im Medien-Manager Felder für Alt-Texte, nutzen Sie diese konsequent. Für komplexe Grafiken überlegen Sie, ob eine textliche Beschreibung nötig ist (z.B. als zusätzliche Produktinfo). Videos sollten idealerweise Untertitel haben (z.B. YouTube-Videos mit Untertiteln einbinden).
Kontraste & Design: Achten Sie bei der Farbwahl Ihres Themes auf ausreichende Kontraste zwischen Text und Hintergrund. Shopware’s Standardtheme ist hier bereits gut aufgestellt. Wenn Sie eigene Farben definieren (Corporate Design), prüfen Sie mit einem Kontrast-Checker (z.B. der Tool-Empfehlung von Shopware), ob Text vor Hintergrund den AA-Kontrastwert erfüllt (mind. 4.5:1 für normalen Text).
Tastaturbedienbarkeit: Stellen Sie sicher, dass alle interaktiven Elemente (Links, Buttons, Formulare) mit Tabulator erreichbar und per Enter/Space auslösbar sind.. Testen Sie Ihren Shop hierzu einmal komplett nur mit der Tastatur: Kann man in die Navigation und Untermenüs gelangen? Lässt sich der Filter im Listing per Tastatur bedienen? Falls Sie Stolpersteine finden (z.B. ein Hover-Menü, das keinen Fokuszustand hat), lassen sich diese oft mit kleinen Code-Anpassungen beheben (CSS :focus Styles hinzufügen, JavaScript-Fokus-Management etc.).
Formulare und Checkout: Der Checkout-Prozess muss barrierefrei sein. Das heißt: Alle Formularfelder sollten Label haben (Shopware tut das), Fehlermeldungen sollten deutlich und idealerweise mit ARIA (z.B. aria-describedby) dem Feld zugeordnet sein. Stellen Sie auch klar, dass CAPTCHA-Lösungen zugänglich sind. Eine spannende Lösung stellt hier die Captcha-Lösung ALTCHA dar. Die Lösung ist Open-Source, DSGVO-konform, zugänglich und darüber hinaus kostenfrei. Testen Sie den Kaufprozess mit Screenreader, um sicherzugehen, dass nichts Wichtiges (wie AGB-Checkbox) übersehen wird.
Plug-ins und Third-Party-Integrationen: Wenn Sie zusätzliche Plugins einsetzen (z.B. für Slider, spezielle Produktdarstellungen), achten Sie darauf, dass diese ebenfalls barrierefrei sind. Ein super fancy animierter Produktkonfigurator nützt nichts, wenn er für Tastaturnutzer unbedienbar ist. Viele Plugin-Hersteller achten inzwischen darauf, aber ein Check schadet nicht. Notfalls fragen Sie beim Hersteller nach oder suchen Sie nach Erfahrungsberichten.
Barrierefreiheitserklärung: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verlangt auch, dass Sie eine Barrierefreiheitserklärung auf Ihrer Website veröffentlichen (vergleichbar mit dem Impressum, aber zum Thema Accessibility). Es gibt Vorlagen dafür, auch speziell für Shopware. Diese Erklärung sollte auffindbar (z.B. Footer) platziert sein und darlegen, wie konform Ihre Seite ist, welche Teile evtl. nicht barrierefrei sind und wie Nutzer Sie kontaktieren können, falls sie auf Barrieren stoßen.
User Testing mit der Zielgruppe: Nichts geht über echte Tests. Wenn möglich, lassen Sie Ihren Shop von Personen mit Behinderungen testen – z.B. ein blinder Nutzer mit Screenreader oder jemand mit motorischer Einschränkung, der nur per Tastatur navigiert. Deren Feedback ist Gold wert. Shopware als System mag vieles richtigmachen, aber echte Nutzer zeigen oft, wo praktische Probleme liegen (z.B. unklare Linktexte, zu viele Elemente, die vorgelesen werden etc.).
Kontinuierliche Verbesserung: Barrierefreiheit ist keine Einmal-Aktion. Nach Launch sollte regelmäßig geprüft werden, ob neue Inhalte (neue Erlebniswelten, neue Plugins) weiterhin konform sind. Halten Sie sich über Shopware-Updates auf dem Laufenden – neue Versionen könnten Accessibility-Bugs fixen, die Sie bisher manuell ausgebessert hatten, oder umgekehrt neue Features einführen, die getestet werden müssen. Nutzen Sie Online-Scanner (wie bspw. WAVE) für erste Tests, aber verlassen Sie sich nicht nur auf automatische Tools – diese finden nicht alles.
An dieser Stelle sei noch ein Hinweis erlaubt: Die Einbindung eines Barrierefreiheits-Overlays bietet keine ausreichende Lösung um ihren Onlineshop barrierefrei zu betreiben.
Shopware oder Shopify, WooCommerce & Co: Wer nimmt Barrierefreiheit wirklich ernst?
Kurz ein Blick auf den Vergleich: Shopify hat den Vorteil, dass einige Standard-Themes dort ebenfalls als barrierefrei gelten (z.B. Shopify’s Debut und Dawn Theme erfüllen WCAG AA weitgehend). Allerdings können Shopify-Nutzer weniger selbst nachbessern – sie müssen auf Hersteller-Updates warten.
WooCommerce (WordPress) hängt stark vom Theme ab; es gibt dort „accessible-ready“ Themes, aber wenn das nicht genutzt wird, hat man mit den typischen WP-Plugins zu tun, die nicht immer barrierefrei sind. Grundsätzlich gilt hier jedoch, dass die Umsetzung eines barrierefreien Onlineshops auf Basis von WooCommerce grundsätzlich möglich ist.
Der Vorteil bei Open-Source-Lösungen (Shopware, WooCommerce) ist klar: Entwickler können notfalls selbst eingreifen, um spezielle Anforderungen umzusetzen. Bei Shopware kommt hinzu, dass es in Deutschland entwickelt wird und die Macher das BFSG explizit adressieren – man kann also auf fortlaufende Verbesserungen vertrauen. Das heißt natürlich nicht, dass man sich zurücklehnen kann – aber unsere Grundsympathie gilt Shopware, wenn es um Barrierefreiheit und sauberen Code geht.
Fazit: Ein barrierefreier Onlineshop mit Shopware – Weichen stellen für die Zukunft
Shopware erweist sich als optimale Grundlage, um einen barrierefreien Online-Shop aufzubauen. Durch die technische Flexibilität, das Bekenntnis des Herstellers zu Accessibility und die vorhandenen Community-Ressourcen haben Shopware-Nutzer einen echten Startvorteil auf dem Weg zur Barrierefreiheit. Doch die Plattform alleine macht den Shop noch nicht barrierefrei – es liegt an Ihnen als Shopbetreiber und Ihrem Umsetzungspartner, die Standards konsequent umzusetzen.
Die Investition in Barrierefreiheit lohnt sich gleich doppelt: Sie erfüllen gesetzliche Vorgaben und vermeiden mögliche Sanktionen und Sie öffnen Ihren Produkte und Dienstleistungen für eine größere Kundschaft, was Umsatzpotential birgt. Zudem profitieren alle Nutzer von einer klar strukturierten, gut bedienbaren Seite – Barrierefreiheit führt zu besserer User Experience insgesamt. Oder hast du schon einmal gehört, dass sich Besucher:innen auf deiner Website über eine zu klare Inhaltsstruktur beschwert haben?
Hinzu kommt das die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Web auch Schnittmengen zur Optimierung für Suchmaschinen haben. Sauberer Code führt (in aller Regel) zu performanteren Websites und erleichtert Google das Crawling der Inhalte. Natürlich gibt es im Bereich der Suchmaschinenoptimierung noch weitere technische Optimierungspotenziale (Strukturierte Daten, Google Shopping etc.) - viele Optimierungen zahlen jedoch auf beide Ziele ein.
Unser Rat: Planen Sie Barrierefreiheit von Anfang an mit ein, statt es als nachträgliches Feature zu behandeln. Wenn Sie einen Shopware-Shop neu erstellen, achten Sie bei Theme-Auswahl und Plugin-Einsatz auf Accessibility. Haben Sie einen bestehenden Shopware-Shop, führen Sie baldmöglichst einen Accessibility-Check durch und erstellen Sie einen Maßnahmenplan.
Sollten Sie unsicher sein, wo Sie stehen: Wir helfen gern mit einem Audit oder Beratungsworkshop. Als erfahrene Shopware-Agentur wissen wir, worauf es ankommt, und können Sie dabei unterstützen, Shopware’s Potential für barrierefreie Webshops voll auszuschöpfen.
Denken Sie daran: Barrierefreiheit beginnt im Kern (dem System) und wird vollendet in der Umsetzung. Mit Shopware haben Sie den Kern bereits richtig gewählt – jetzt gilt es, gemeinsam die Zugänglichkeit für alle zu verwirklichen.